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Dialogforum mit Ciraj Rassool: „Zum Umgang mit Restitutionen von human remains: Das Beispiel einer Repatriierung von Wien nach Kuruman (Südafrika) im Jahr 2012“, Montag, 23. Juni 2014, 19 Uhr, August-Bebel-Institut

AfricAvenir lädt in Kooperation mit artefakte//anti-humboldt und dem August-Bebel-Institut am Montag, den 23. Juni 2014 um 19 Uhr zu einem Dialogforum zum Umgang mit Restitutionen von human remains. Der Referent Ciraj Rassool, Historiker und Direktor des African Programme in Museum and Heritage Studies an der University of Western Cape, berichtet aus seiner Erfahrung als Beobachter der Repatriierung von Klaas und Trooi Pienaar von Wien nach Kuruman im Jahr 2012.

Zwischen 1907-1909 hatte sich der österreichische Anthropologe Rudolf Pöch in der Kalahari im Süden Afrikas 80 Skelette und 150 Schädel angeeignet.

Im Mai 2008 fand am Naturhistorischen Museum in Wien ein Workshop zu  Rudolf Pöch statt, bei dem die beiden Historiker Ciraj Rassool und Walter Sauer intervenierten, indem sie die Frage der Repatriierung der Skelette von Klaas und Trooi Pienaar aufbrachten. In der Folge wurden die Skelette als Klaas und Trooi Pienaar eindeutig identifiziert und in langwierigen Verhandlungen ihre Rückführung nach Südafrika vorbereitet .Am 19. April 2012 schließlich konnte in Wien die Übergabe der sterblichen Überreste stattfinden.  Klaas und Trooi Pienaar  wurden im kulturellen und rechtlichen Status als Leichname – in Särgen – vom Naturhistorischen Museum nach Kuruman / Northern Cape repatriiert, wo man sie (nach einem Staatsakt) im August 2012 beerdigt hat.

Ciraj Rassool begleitete diesen langwierigen und komplexen Prozess an all seinen einzelnen Stationen in Österreich und Südafrika und wird hiervon ebenso berichten wie von den komplexen Verhandlungen- und Entscheidungsfindungen. Rassool wird  über die Praxis eines solchen ebenso komplexen wie filigranen Vorgangs einer Restitution von human remains kolonialer Provenienz und wie diese ’im besten Fall’ zu einer „postcolonial justice“ beitragen kann reflektieren: Ein Vorgang, der zu allererst der Vermittlung zwischen den Gesellschaften der Nachkommen – so genannten Interessensgruppen – und den Gesellschaften, deren staatliche sowie  wissenschaftliche Institutionen die Rückführung letztlich stoppen oder auf den Weg bringen. Es wird um  Fragen des öffentlichen wie staatlichen Umgangs mit der Geschichte der Gewalt gehen, die der kolonialen Aneignung immer vorausgehen und darum, wie sich der Statuswechsel vom durch den wissenschaftlichen Rassismus generierten Objekt der Forschung zu einem human remain bzw. Leichnam vollzieht.

Auch in der Berliner Charité hat am 30. September 2011 und in diesem Jahr am 4. März eine Übergabe von Schädeln und Skeletten kolonialer Provenienz und gewaltsamer Aneignung nach Namibia stattgefunden. Dies kann als Hintergrund verstanden werden, vor dem Ciraj Rassools Vortrag hier in Berlin stattfindet. Das jüngst eingerichtete Charité Human Remains Project konnte die Bevölkerungsgruppen durch eine Recherche historischer Akten ermitteln. Aus Berlin wurden keine Leichname, sondern human remains – also immer noch Objekte – repatriiert. Die Übergabe fand auf wissenschaftlich-musealer Ebene statt, es gab keinen staatlichen Akt. 2011 waren es Schädel von Mitgliedern der Herero- und Nama-Gesellschaften, die in deutschen „Konzentrationslagern“, hier Shark Island, ums Leben kamen, waren und als „Köpfe zur wissenschaftlichen Untersuchung“ nach Berlin gebracht worden waren. Berlin blieb im Moment des handovers einen staatlich bilateralen Akt bislang ebenso schuldig  wie eine Entschuldigung der Bundesrepublik ausblieb – ein Umstand, der 2011 ad hoc zu einem Eklat führte, einem fluchtartigen Verlassen der als Gast in die Charité eingeladenen Staatssekretärin Cornelia Piper.

Ciraj Rassool, Cape Town (Südafrika), ist Professor für Geschichte und Direktor des African Programme in Museum and Heritage Studies an der University of Western Cape. Er hat zahlreiche Bücher und Artikel über Museen, Kulturerbe und Erinnerungspolitik im südlichen Afrika veröffentlicht und leitet den Beirat des District Six Museums und der Iziko Museen in Kapstadt. Zusammen mit Martin Legassick publizierte er Skeletons in the Cupboard, South African Museum, Kapstadt, 2000.

 

Montag, 23. Juni
19:00 Uhr 

August Bebel-Institut
Müllerstr. 163
13353 Berlin
S/U Wedding

Die Veranstaltung wird in englischer Sprache stattfinden.

 

Die Veranstaltung ist Teil der Reihe "Dekoloniale Einwände gegen das Humboldt-Forum" im Rahmen der Kampagne "No Humboldt 21!"

mehr Informationen unter:
www.no-humboldt21.de

Eine Kooperation von artefakte//Anti-Humboldt mit AfricAvenir International e.V. und dem August-Bebel-Insitut.

Mit freundlicher Unterstützung der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit.

 

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