Kooperation: Afrika-Konferenz - Filme
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„Kolonialismus ist Gewalt im Naturzustand“, schreibt der in den 1920ern im französischen Überseedepartement Martinique aufgewachsene Schriftsteller und Psychiater Frantz Fanon in seinem 1961 erschienenen Manifest „Die Verdammten dieser Erde“. „Das berühmte Prinzip, nach dem alle Menschen gleich sind, wird seine Veranschaulichung in den Kolonien erfahren, sobald der Kolonisierte behauptet, dem Kolonisten gleichgestellt zu sein.“
Der Text bildet das Rückgrat des neuen Film-Essays von Göran Hugo Olsson, CONCERNING VIOLENCE (Schweden 2014), eindringlich vorgetragen von der Ex-Fugees-Sängerin und Menschenrechtsaktivistin Lauryn Hill zu Archivmaterial des schwedischen Fernsehens, das, in neun Kapitel unterteilt, Gewalt und Guerillakampf gegen die europäischen Kolonisatoren thematisiert. Fanon analysiert die Traumata der Kolonialisierung und fordert in seinem Fazit ein Ende der Fixierung auf Europa und eine neue afrikanische Identität.
Auch nach der Unabhängigkeit vieler afrikanischer Staaten im Jahr 1961 wird die europäische Kolonialgeschichte auf wirtschaftlicher Ebene fortgeschrieben. Weiterhin werden Abhängigkeiten unabhängig von Unabhängigkeiten produziert.
Diese Abhängigkeiten, Missverständnisse und Traumata erforscht der Kameruner Filmemacher Jean Marie Téno in seinem Film DAS KOLONIALE MISSVERSTÄNDNIS (Deutschland, Frankreich, Kamerun, 2004). „Sieh an, ein vertrautes Gesicht“, Jean Marie Téno läuft mit seiner Kamera durch die Ausstellung des Rheinischen Missionsmuseum in Wuppertal. Er findet eine Tanz-Maske aus seinem Heimatdorf in Kamerun, die nur zu ganz besonderen Anlässen hervorgeholt wird. „Die da hat man wohl auf einem Markt gekauft“ bemerkt er abschließend. Téno beleuchtet die Verstrickung der Rheinischen Missionsgesellschaft in die Geschichte von Gewalt und Unterdrückung in den deutschen Kolonien. „Die Flinte und die Bibel müssen hier miteinander wirken!“.
Trauriger Höhepunkt deutscher Kolonialträume ist schließlich der Genozid an den Hereros in der Schlacht am Waterberg 1904. Einen irritierenden und faszinierenden Perspektivwechsel bietet daraufhin der brandneue Film WATERBERG TO WATERBERG - IN THE FOOTSTEPS OF SAMUEL MAHARERO (Namibia 2014) von Andrew Botelle, der hier im Programm als Preview zu sehen ist.
Der Film setzt genau an dieser historischen Schlacht an, dreht die Perspektive und entwirft eine Heldengeschichte der Nation der Hereros und ihres Anführers Samuel Maharero. Den Hereros gelingt es, trotz einer hundertjährigen Geschichte von Vertreibung und Migration, die Kultur ihres Volkes zu bewahren.
Ergänzt wird das Programm durch zwei Arbeiten des Berliner Filmemachers Martin Baer.
EINE KOPFJAGD (D 2001) ist thematisch eng verknüpft mit den anderen Filmen des Programms. Der Fokus gleitet dabei von Namibia nach Tansania.
Auf der Suche nach dem Schädel des legendären Anführers des Wahehe-Aufstands im ehemaligen Deutsch-Ostafrika Sultan Mkwawa, öffnen sich Schränke in der Berliner Charite, gefüllt mit deutschen Schädel-Trophäen aus Afrika.
BEFREIEN SIE AFRIKA! (D 1999) ist die im Stil einer Revue angelegte Geschichte des deutschen Blickes auf Afrika. Aus über 500 vergnüglichen und betroffen machenden Filmausschnitten kompiliert, ermöglicht der Film die Reibung mit den Perspektivwechseln, die die afrikanischen Filmemacher unternehmen.
Martin Baer wird in einem Gespräch mit den Kuratoren und dem Publikum seine Filme persönlich vorstellen.
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Gefördert im Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes und mit Unterstützung der Goethe Institute in Ghana und Kamerun sowie der Schwedischen Botschaft. In Kooperation mit AfricAvenir e.V., Foundation For Contemporary Art Ghana und Rencontres du Film Court Madagascar