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Vortrag von Professor (i.R.) Dr. phil. et habil. H. Ekkehard Wolff

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Info   Raum 410; Eintritt frei

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Das essenzialistische Paradoxen im intelektuellen Diskurs über Sprachen in Afrika

Vor dem Hintergrund der konstitutiven Mehrsprachigkeit Afrikas sowohl auf territorialer, institutioneller, soziokultureller und individueller Ebene, ist der postkoloniale politische und akademische Diskurs in Afrika von einer heftig geführten Debatte über die „Sprachenfrage“ geprägt. Hauptsächliche Streitpunkte betreffen (1) die Nationale Sprachenpolitik, und (2) das Nationale Bildungssystem. Nach der unproduktiven Diskussion über monolinguale Modelle (exoglossisch oder endoglossisch), die in Afrika massenhaft versagt haben, rücken gegenwärtig multilinguale Modelle (exoglossisch plus endoglossisch) in den Vordergrund. Unverändert prägen jedoch weiterhin ideologische Positionen den Disput, in dem „Attitüden“ aufgrund von Vorurteilen und soziolinguistischer Ignoranz mit gesichertem Expertenwissen kollidieren.

Der Vortrag identifiziert vor diesem Hintergrund die wesentlichen soziolinguistischen Fakten und arbeitet die Heuchelei/Unehrlichkeit im politischen Diskurs zwischen wohlfeiler Rhetorik (z. B. über African Renaissance) und ubiquitärer pädagogischer Praxis heraus und erklärt diese aus der Geschichte fortgesetzter hegemonialer Dominanz importierter Sprachen in Folge des kolonialen Erbes. Dahinter steht zudem eine dem Wesen nach rassistische (bzw. sozialdarwinistische) Position, die auf einer Unterscheidung zwischen „höherwertigen“ und „minderwertigen“ Sprachen (und Kulturen) beruht, gleichzeitig aber den identitären Symbolwert von Sprache betont. Hieraus resultiert das essentialistische Paradoxon, dass nämlich indigene afrikanische Sprachen zum einen gut genug sind, in symbolischer Funktion Verfassungsrang als (ko-offizielle) Amtssprachen (bzw. „Nationalsprachen“) zu übernehmen, sie aber andererseits nicht gut genug sind, als Unterrichtssprachen jenseits der ersten 2 oder 3 Grundschuljahre eingesetzt zu werden, wenn überhaupt – geschweige denn im tertiären Bildungssektor, wie derzeit vereinzelt bereits in Afrika diskutiert wird. Der Vortrag schließt mit der Diskussion von 4 grundsätzlichen Missverständnissen, die einer Optimierung der Bildungssysteme in Afrika auf der Grundlage von mother tongue-based multilingualism im Wege stehen.

Veranstaltet von Afrikakolloqium.

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