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Symposium: "Mit Besen und Kochlöffeln gegen den Diktator" - Burkina Faso zwischen Revolte und Wahl

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Info   Symposium: Eintritt frei; Abendprogramm (Film & Konzert): 15€/10€ (erm.)

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Fast genau ein Jahr nach dem beeindruckenden Volksaufstand in Burkina Faso, der in wenigen Tagen die 27 Jahre währende Diktatur von Blaise Compaoré und seinem Regime beendete, hat AfricAvenir einige der Protagonist_innen der Revolte nach Berlin einladen können. Auf diesem hochkarätig besetzten internationalen Symposium fragen wir: Was waren und sind die Ziele der Bewegung? Warum war die Revolte erst nach 27 Jahren möglich bzw. erfolgreich? Was hat sie letztendlich ermöglicht? Wo steht die burkinische Revolution heute? Welche Rolle spielte das "Erbe Thomas Sankaras" beim Sturz von Compaoré? Worin besteht die internationale Dimension der burkinischen Revolte für Afrika und die Welt? Kann hier von einem neuen Typ der Demokratiebewegung gesprochen werden, der als Modell auch für andere Kontexte in Afrika (und anderswo) dienen könnte? Wie reagieren die afrikanische und internationale Gemeinschaft auf die Revolte? Diesen und weiteren Fragen wird in einem ganztägigen Symposium auf den Grund gegangen werden.

Eintritt:
Symposium: frei, um Anmeldung wird gebeten bis 14.10.2015 unter: t.kulla(at)africavenir.org
Film & Konzert: 15€/10€ ermäßigt - Karte kaufen

u.a. mit: Smockey (Musiker, Balai Citoyen), Sams‘K Le Jah (Musiker, Balai Citoyen), Francis Kpatindé (Science-Po Paris, UN-Berater und freier Journalist), Moussa Diallo (Confédération générale du travail du Burkina, CGT-B), Bruno Jaffré (Biograf Sankaras), Ra-Sabla Seydou Ouédraogo (Ökonom, Institut FREEAFRIK, angefragt), David Gakunzi (Sankara-Experte), Aziz Fall (Politologe), Hamado Dipama (Arbeitskreis Panafrikanismus München) u.a.

Hintergrund
Ende Oktober 2014 brach sich ein Volksaufstand in Burkina Faso Bahn und beendete in wenigen Tagen die 27 Jahre währende Diktatur von Blaise Compaoré und seinem Regime, die das Land in einem Konglomerat aus bitterster Armut, himmelschreiender Korruption und unverhohlener Günstlingswirtschaft gehalten hatte. Über Jahre hatte sich eine breite Koalition aus allen Bevölkerungsschichten aufgebaut, die insbesondere von der Jugend angeführt wurde. Als der verhasste Compaoré ein verfassungswidriges drittes (eigentlich fünftes) Mandat anstrebte, lief das Fass über: Hunderttausende Burkinabè gingen, mit Besen und Kochlöffeln „bewaffnet“, mit dem gemeinsamen Ziel auf die Straße, die Verfassungsänderung und damit ein erneutes Mandat Compaorés zu vereiteln. Die geplante Abstimmung über die Änderung der Verfassung wurde tatsächlich abgeblasen. Das aufständische Volk hielt, überrascht und beflügelt von diesem Erfolg, den Druck weiterhin aufrecht. Das traditionell starke und gut ausgebildete, aber innerlich in zwei Lager gespaltene Militär hielt zunächst zum Machthaber, wechselte jedoch angesichts der Entschlossenheit der DemonstrantInnen bald geschlossen das Lager, bevor allzu viel Blut vergossen werden konnte. Nach wenigen Tagen musste Blaise Compaoré als Präsident abdanken und floh mit Hilfe Frankreichs. Das Militär übernahm das Kommando, eine zivile Übergangsregierung wurde eingesetzt und bereitet nun die ersten freien Wahlen am 11. Oktober 2015 vor, nutzt aber auch die Zeit, um heikle Fragen wie die Aufklärung der Ermordung des Präsidenten Thomas Sankara oder des Journalisten Norbert Zongo voranzutreiben – zentrale Forderungen der Aufständischen, die weiterhin mobilisiert bleiben und jede Bewegung der Regierung kritisch beobachten.

Schon einmal war das kleine Burkina Faso (damals Obervolta) Vorbild für einen gesamten Kontinent, als nämlich der junge Hauptmann Thomas Sankara 1983 die Macht übernahm und mit seinem revolutionären Denken und Handeln und seinem unermüdlichen Einsatz für eine echte Unabhängigkeit seines Landes weltweit Bekanntheit erlangte. Gerade wegen seiner schier unglaublichen Erfolge in Fragen der Korruptionsbekämpfung, Gesundheit, Ernährungssicherung, Emanzipation der Frau, Umweltschutz usw. machte sich Sankara jedoch national und international nicht nur Freunde und wurde am 15. Oktober 1987 durch ein internationales Komplott unter Führung eines seiner engsten Vertrauten, Blaise Compaoré, ermordet. Selbiger setzte sich bekanntlich für die folgenden 27 Jahre an die Spitze des Staates, bis er am 30. Oktober 2014 schlussendlich von den Burkinabè durch besagten Volksaufstand zum Rücktritt gezwungen wurde.

Keynote Speaker ist der ehemalige Chefredakteure von Jeune Afrique, Francis Kpatindé, der als Journalist und Korrespondent 30 Jahre lang über alle wichtigen politischen Ereignisse des Kontinents berichtet und quasi alle politischen Protagonisten interviewt hat, u.a. auch Thomas Sankara und Blaise Compaoré.

Der Keynote-Vortrag ist Ausgangspunkt für drei vertiefende Podiumsdiskussionen mit prominenten Protagonisten und Analytikern.

Berlin Premiere
„Revolution mit bloßen Händen – Der Werdegang eines Volkes“

R: Moussa Ouedraogo, Hans-Georg „Ebs“ Eberl; Ein Projekt von Afrique-Europe Interact
Der Film ist ein Dokument der Erinnerung an den Aufstand am 30. und 31. Oktober 2014 in Burkina Faso, der den Sturz des diktatorischen Regimes von Blaise Compaoré herbeigeführt hat. Er nähert sich unterschiedlichen ProtagonistInnen des Aufstandes an und besucht symbolträchtige Orte des Geschehens. Auch stellt er die Frage nach Motivationen und Gründen in den Lebensbedingungen der Bevölkerung sowie in den Erinnerungen an vorausgegangene Kämpfe der letzten Jahrzehnte. Die Erzählungen beteiligter Personen sprechen davon, wie Frauen, Männer, Jugendliche, sich ohne Waffen zu einem Nein gegen ein diktatorisches und militarisiertes Regime erhoben haben, in der Überzeugung, dass eine entschlossene Bevölkerung im Stande ist, gegen jede noch so große Übermacht zu siegen.

Konzert
Smockey & SamsK’le Jah - Die aufrechten Musiker Burkina Fasos

Good vibrations garantiert! Für die Jugend von Burkina Faso sind der Rapper und der Rastaman lebende Legenden, für das Magazin Le Point gehören sie zu den zehn wichtigsten afrikanischen Persönlichkeiten des Jahres 2014. Als Reggae- und Hip-Hop-Musiker haben sie die burkinische Jugend über Jahre politisiert und mobilisiert, als Gründer und Aktivisten der zivilgesellschaftlichen Bewegung „Balai Citoyen“ („Bürgerbesen“) spielten sie eine ausschlaggebende Rolle beim Sturz des Diktators Blaise Compaoré. In einem einmaligen gemeinsamen Konzert bringen Smockey und Sams‘K Le Jah die Euphorie, die Hoffnungen und das kritische Engagement der burkinischen Demokratiebewegung nach Berlin und verleihen der „Génération Consciente“ aus dem „Land der aufrechten Menschen“ eine Stimme!  

Smockey/Sams'K Le Jah : On est dans la rue
https://www.youtube.com/watch?v=SUyaqn0jU84 

Sams’K Le Jah : Ce président là
https://www.youtube.com/watch?v=yZIfArYaoLw

Tagesablauf

  • 10:00-10:15: Eröffnung und Einführung durch Moderation
  • 10:15-11:00: Keynote Speech: Francis Kpatindé
  • 11:00-11.30: Diskussion
  • 11:30-13:15: 1. Podium: Revolte oder Revolution? Über Motivation und Ziele einer Demokratiebewegung
  • 13:15-14:15: Mittagspause
  • 14:15-16:00: 2. Podium: Sankara Reloaded!? Welchen Stellenwert hat das „Erbe Sankaras“ im aktuellen Prozess?
  • 16:00-16:30: Pause
  • 16:30-18:15: 3. Podium: Zwischen Revolte und Wahl – Wohin führt die Transition?
  • 18:15-19:00: Pause (Umbau)
  • 19:00: Filmvorführung mit anschl. Diskussion
  • 21:00: Konzert Sams‘K Le Jah & Smockey

Kurzbiographien
Sams’K Le Jah
: Der Aktivist und Reggaemusiker verdankt seine Bekanntheit vor allem seiner äußerst kritischen Reggae-Radiosendung, die er bei Ouaga FM über Jahre moderiert hat und die 2011 aus politischen Gründen eingestellt wurde. Ebenfalls ein Erbe Thomas Sankaras, ist Sams’K selbst für die burkinische Jugend ein ideologisches Vorbild geworden.

Smockey: Der Aktivist, Hip-Hop-Musiker und ideologische Erbe Thomas Sankaras gehört zu den Mitbegründern der zivilgesellschaftlichen Bewegung „Balai Citoyen“ und war 2014 an vorderster Front der Revolte dabei. In Burkina Faso ist er auch wegen seiner zugänglichen und humorvollen Art eines der beliebtesten Idole der Jugend.

Bruno Jaffré ist ein französischer Forschungsingenieur und Schriftsteller. Sein Interesse für Thomas Sankara besteht bereits seit den 1980er Jahren, als er unter der Revolution einige Jahre in Burkina Faso gearbeitet hat. Jaffré hat 1997 eine Sankara-Biographie publiziert und ist maßgeblich am Aufbau und Betrieb der Webseite www.thomassankara.net beteiligt. Zudem ist er Dreh- und Angelpunkt der Initiative „Gerechtigkeit für Afrika Gerechtigkeit für Sankara“.

Francis Kpatindé, geboren 1955 in Benin, hat seine Studien in Politikwissenschaften, Diplomatie und Verwaltung von internationalen Organisationen in Frankreich absolviert. Kpatindé hat neben kürzeren Einsätzen für die UNO und den UNHCR die meiste Zeit seines Lebens als Journalist und später als Chefredakteur für Jeune Afrique gearbeitet und praktisch sämtliche Länder Afrikas, Europas, der Karibik und Nordamerikas bereist. Seit einigen Jahren ist er Dozent an der „Sciences Po“ in Paris.

Ra-Sabla Ouédraogo, Dr. der Ökonomie, hat in Burkina Faso, Benin und Frankreich Wirtschaftswissenschaften studiert und ist Direktor des unabhängigen Forschungsinstituts FREE Afrik. Ein spezielles Forschungsprogramm des Institutes ist der kulturellen Ökonomie gewidmet. Dr. Ouédraogo setzt sich für Freiheit und Entwicklung in Afrika ein, schlägt alternative Politiken vor und warnt vor der Idee von Entwicklung  als „Klonen von Zivilisationen“.

David Gakunzi war lange Zeit internationaler Funktionär und arbeitet und lebt heute als Journalist und Schriftsteller in Paris. Der Panafrikanist und Friedensaktivist hat etliche afrikanische Persönlichkeiten, unter ihnen Thomas Sankara, getroffen und porträtiert. Gakunzi war maßgeblicher Initiator des Internationalen Martin-Luther-King-Zentrums in Kigali (Ruanda), der Karawane für den Frieden in Afrika, der Afrikanischen Friedensuniversität etc. und leitet das Paris Global Forum.

Aziz Salmone Fall lehrt Politik, Anthropologie und Internationale Beziehungen an der McGill-Universität und der Universität von Québec. Der Politikwissenschaftler und Panafrikanist ist Mitbegründer von GRILA (Forschungs- und Aktionsgruppe zur Befreiung Afrikas) und leitet gemeinsam mit einem Kollektiv aus 21 Anwälten und Persönlichkeiten die erste internationale afrikanische Kampagne gegen Straflosigkeit, die Kampagne zur Aufklärung der Ermordung von Thomas Sankara.

Hamado Dipama, ehemaliger Student der Wirtschaftswissenschaften, musste 2001 als politisch Verfolgter Aktivist aus Burkina Faso flüchten. Er lebt heute in München, wo er sich als Sprecher des bayrischen Flüchtlingsrates und gewähltes Mitglied des Ausländerbeirates vor allem für Flüchtlinge und gegen Alltagsrassismus engagiert. Mit dem Arbeitskreis Panafrikanismus organisiert er unter anderem einen alle zwei Jahre stattfindenden vielbeachteten Panafrikanismus-Kongress. 

Humanist, mit bürgerlichem Namen Patrice Traoré, ist ein franko-burkinischer Hip-Hop-Musiker der jungen „Génération Consciente“ und Aktivist und Koordinator des „Balai Citoyen“ der burkinischen Diaspora in Frankreich. Wenige Wochen vor dem Sturz Blaise Compaorés hat er den nahezu prophetischen Song „Pays des Hommes Intègres“ (Land der aufrechten Menschen) aufgenommen, in dem er den Aufstand der burkinischen Massen gegen die Diktatur Blaise Compaorés vorhersagte.

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Das Symposium ist Teil des neuen AfricAvenir Projekts "Unsere Zahl ist unsere Stärke" - Junge Demokratiebewegungen in Afrika, Oktober 2015 – Dezember 2016, und wird in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz durchgeführt.

Mit freundlicher Unterstützung durch die Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit bei der Berliner Senatsverwaltung, Brot für die Welt, Engagement Global im Auftrag des BMZ.

Das Konzert von Smockey & Sams'K Le Jah wird unterstützt durch das Auswärtige Amt und das Kulturreferat der LH München. (Karten jetzt bestellen!)

Partner: Arbeitskreis Panafrikanismus München, Stoffwechsel e.V., Afrique-Europe-Interact, Vereinigung der in NRW lebenden Burkinabè, AfriCologne e.V., Panafrikanität Afrikanische Diaspora in Europa (PADE), FilmInitiativ Köln e.V.

Medienpartner: WDR - Funkhaus Europa, Deutsche Welle, Berlin Postkolonial, Humboldt Universität, Club der Freunde von RFI, Piranha Arts AG, Afrikamera, AfroHeat, Rap2soul.de - Black Music Portal, Peli One FM, Faluma.com, AHOI, Zentrum Moderner Orient

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