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1. Podium: Fünf Jahre im Aufstand – wo befinden sich die Hauptakteure heute und was ist ihr politischer Handlungsspielraum?

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In den ersten Monaten des Jahres 2011 wurden die Gesellschaften verschiedener nordafrikanischer Länder von Dynamiken des politischen Wandels ergriffen. Obwohl diese Aufstände die westliche Welt überraschten, hatten interne Entwicklungen und insbesondere die von den Gewerkschaften in Tunesien und Ägypten organisierten Streikbewegungen den Weg für größere Aufstände geebnet. 2011 führten dann spontane Proteste und Versammlungen zu Demonstrationen, die schließlich zu Massenbewegungen wurden.  

Fünf Jahre später haben sich die Bedingungen für politischen Aktivismus in jedem Land anders entwickelt: Während politische Aktivist*innen in Ägypten brutaler Repression begegnen, hat Tunesien eine Verfassung zum Schutz der Menschenrechte ratifiziert. Staatliche Akteure und politische Parteien verhandeln über Kompromisse innerhalb demokratischer Prozesse. Die Zivilgesellschaft und weitere politische Akteure, wie Gewerkschaften und politische Parteien, können sich – zumindest in der Theorie – auf Redefreiheit, Versammlungsfreiheit und Koalitionsfreiheit berufen. In Marokko reagierte der König auf die Aufstände mit kosmetischen Reformen, die jedoch nicht zu mehr demokratischer Partizipation führten.

Wie kam es dazu, dass die Länder sich so unterschiedlich entwickelten? Wo befinden sich die Revolutionäre von 2011 heute? Was geschah in den letzten Jahren und wie gestaltet sich heute der politische Handlungsspielraum für die Vertreter*innen des Wandels? Welche Rolle spielen die Gewerkschaften in den betroffenen Ländern? Welche Nischen gibt es für politische Aktivist*innen, die in repressiven Umgebungen agieren? Was sind die neuen Erfahrungen mit Pluralismus und Parteienpolitik von ehemaligen Aktivist*innen? Obwohl in Europa die Situation in Tunesien als Vorbild für Demokratisierung in Nordafrika genannt wird, scheinen tunesische Aktivist*innen nicht mit dieser Bewertung übereinzustimmen – ist es nicht ausreichend, eine progressive Verfassung zu haben? Was fehlt in Tunesien? Was geschah mit der Bewegung des 20. Februar in Marokko und was ist der momentane Stand der Baraka-Bewegung gegen den algerischen Präsidenten Bouteflika?

Zusammen mit der ägyptischen Filmemacherin Jihan El-Tahri, dem marokkanischen Aktivisten Jamal Touissi, der tunesischen Bloggerin Lina Ben Mhenni, dem ägyptischen Internetaktivisten und Journalisten Wael Abbas und der algerischen Politaktivistin Amira Bouraoui wollen wir über den heutigen politischen Handlungsspielraum in Nordafrika diskutieren.

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