Berlinale 2013 Empfehlungen
Zu Beginn der Berlinale 2013 haben wir einige Filmtipps zusammengestellt. Es handelt sich um eine subjektive Auswahl von Filmen von afrikanischen Filmemacher/innen bzw. zu sozialkritischen Themen mit Afrikabezug. Wir freuen uns, dass der südafrikanische Film "Layla Fourie" im Wettbewerb läuft, die anderen gelisteten Filme sind im Panorama, im Forum oder in den Berlinale Shorts zu sehen. Viel Spaß an alle Berlinale Fans.
Layla Fourie
Pia Marais, Deutschland / Südafrika / Frankreich / Niederlande 2013, 105 Min
Layla ist eine alleinerziehende Mutter, die in Johannesburg mit ihrem Sohn von Gelegenheitsjobs lebt. Sie lässt sich zur Polygraphistin ausbilden und erkämpft sich einen Job in einer Sicherheitsfirma, die auf Lügendetektoren spezialisiert ist. Auf dem Weg zum neuen Arbeitsplatz wird sie in einen Unfall verwickelt, der ihr Leben radikal verändert. Layla verstrickt sich in einem Netz aus Lügen und Täuschungen. Die Wahrheit könnte die Trennung von Mutter und Sohn bedeuten. Mit ihrem dritten Spielfilm kehrt die seit langem in Berlin lebende Regisseurin Pia Marais nach Südafrika zurück, an den Ort ihrer Kindheit, um einen klassischen Thriller zu drehen. Dabei nutzt sie das Genre, um sich in einem Land umzuschauen, in dem noch immer Spuren der Apartheid zu finden sind. So verstärkt der südafrikanische Alltag die Spannung des zusammen mit Horst Markgraf verfassten Skripts. Ganz beiläufig entwickelt sich Layla Fourie auch zu einer Politstory, die dem Zuschauer die Paranoia und das Misstrauen in einer Gesellschaft vorführt, in der Rassenkonflikte weiter bestehen.
Deutschland / Südafrika / Frankreich / Niederlande 2013, 105 Min
Termine:
11.02.13, 22:00 Uhr, Berlinale Palast (World Premiere)
12.02.13, 15:00 Uhr, Friedrichstadt-Palast
12.02.13, 20:30 Uhr, Haus der Berliner Festspiele
15.02.13, 21:30 Uhr, Neues Off (Berlinale goes Kiez)
Elelwani
Ntshavheni Wa Luruli, Südafrika 2012, 103 Min, Tshivenda mit engl. UT, Florence Masebe, Ashifashabba Muleya, Vusi Kunene
Es beginnt mit einer Autofahrt, die sich für Elelwani und Vele anfühlt wie der Aufbruch in die Sommerfrische des Lebens. Elelwani hat gerade ihr Studium abgeschlossen, ist verliebt in Vele, der neben ihr sitzt. Sie fahren durch die immer grüner werdende Landschaft in Elelwanis Heimatdorf, wo sie ihren Eltern ihre Pläne von ihrer Heirat und Zukunft erzählen wollen. Sie werden mit einem dramatischen Tanz empfangen – zu Ehren der ersten Frau aus dem Dorf, die es zu akademischen Würden gebracht hat. So vermutet Elelwani. Fälschlicherweise, denn wenig später offenbaren ihr die Eltern, dass sie dem Stammeskönig versprochen ist. Der Tanz war der Auftakt zu Feierlichkeiten der geplanten Hochzeit. Die junge Frau rebelliert, wird jedoch mit dem Schicksal der jüngeren Schwester erpresst und willigt schließlich ein. Was dann folgt, ist die filmische Initiation in die archaisch geprägte Kultur der Venda: ein ethnografischer Krimi mit fantastisch schönen Bildern und einer Handlung, die verstört. Ntshavheni Wa Luruli, selbst Venda, eröffnet mit diesem Film Einblicke in eine exotische Kultur ohne sie zu exotisieren, weil er sich konsequent weigert, ihre Geheimnisse zu erklären.
Termine:
10.02.13 21:30 CinemaxX4 (OenglU)
11.02.13 14:00 Delphi-Filmpalast (OenglU)
12.02.13 16:30 CineStar 8 (OenglU)
15.02.13 17:30 Arsenal (OenglU)
Assistance Mortelle (Fatal Assistance)
Raoul Peck, Frankreich / Haiti / USA / Belgien 2012, 99 Min, Französisch, Englisch, Haitianisch
Am 12. Januar 2010 erschüttert ein schweres Erdbeben die Hauptstadt von Haiti. Rund 250.000 Menschen sterben, mehr als 1,2 Millionen werden obdachlos. NGOs aus aller Welt entsenden Experten, die das Land beim Wiederaufbau unterstützen sollen. Die Hoffnungen sind zunächst groß: Während einer internationalen Geberkonferenz werden Milliarden versprochen; die Interim Haiti Recovery Commission (IHRC) mit Bill Clinton an der Spitze soll die globale Solidarität steuern. Doch zwei Jahre später fällt die Bilanz ernüchternd aus: Wer einen Fuß in die überbevölkerte Hauptstadt setzt, erkennt sofort, dass die internationale Gemeinschaft hier gescheitert ist. Noch immer leben Hunderttausende in Zelten, die IHRC ist kaum noch existent und nur ein Bruchteil des versprochenen Geldes je in Haiti angekommen.
In einer zweijährigen filmischen Spurensuche rekonstruiert der in Haiti geborene Raoul Peck, wie es dazu kommen konnte, dass dem Zehn-Millionen-Volk in der Karibik trotz weltweiter Versprechen nur unzureichend geholfen wurde. Er befragt politische Entscheidungsträger, Experten und Ingenieure ebenso wie "einfache" Haitianer, die sich mühevoll um den Wiederaufbau ihres Landes kümmern.
Termine
Sa 09.02. 14:45, Haus der Berliner Festspiele (E)
So 10.02. 18:00, Cubix 8 (E)
Kwaku Ananse
Akosua Adoma Owusu, Mexiko / USA / Ghana 2013, 26 Min (Short), Twi, Englisch, Jojo Abot, Koo Nimo, Grace Omaboe, Karim Adam
Kwaku Ananse ist die westafrikanische Fabel von dem Spinnenmännchen, das über Jahre die Weisheit der Welt in einem hölzernen Gefäß gesammelt hat. Als es das Gefäß sicher auf einem Baum verstecken will, findet es keinen Weg, es in die Äste hinauf zu schaffen. Es ist sein kleiner Sohn Ntikuma, der ihm die Lösung zeigt, worüber der Vater so verdrossen ist, dass er das Gefäß voller Wut auf den Boden schmeißt. Es zerbirst in tausend Teile und die gesammelte Weisheit entweicht. Alle stürmen herbei, um sich zu nehmen, was sie kriegen können. Zur Beerdigung ihres Vaters Kwaku Ananse reist Nyan Koronhwea in dessen Heimat Ghana. Beide haben seit Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. Doch sie steht dem Doppelleben ihres Vaters mit einer Familie in Ghana und einer Familie in den Vereinigten Staaten nicht nur ablehnend gegenüber. Tief berührt von der Beerdigung, will sie in der spirituellen Welt nach Kwaku Ananse suchen. Sie nimmt ihre gemischten Gefühle mit in den Wald, wo sie eine letzte Wahrheit über zwischenmenschliche Beziehungen erfährt.
Termine
Sa 09.02. 22:00, CinemaxX 3 (E)
Di 12.02. 16:00, CinemaxX 5 (E)
Do 14.02. 22:00, CinemaxX 3 (E)
Sa 16.02. 17:45, Colosseum 1 (E)
Mi 13.02. 14:00, HAU Hebbel am Ufer (HAU1) (E)
Fr 15.02. 23:00, Haus der Berliner Festspiele (E)
Tabatô
João Viana, Portugal 2013, 13 Min, Mandinka, Mutar Djebaté, Fatu Djebaté, Mamadu Baio
Mutar, der im Kolonialkrieg gekämpft hat, kehrt heim nach Tabatô, ein kleines Dorf in Afrika, in dem bis heute alle Einwohner Musiker sind. Er verlässt den Flughafen und geht über den Vorplatz Richtung Dorf, fein gekleidet und seinen Rollkoffer hinter sich herziehend. Da fällt ein Schuss, und er sinkt zu Boden. Warum ist Mutar zu Tode erschrocken? Was trägt er in seinem Koffer? Seine Tochter Fatu ist neugierig. Auch die weisen Frauen können sie nicht davon abhalten, den Koffer zu öffnen. Erschrecken weicht Erstaunen. Die Trommler trommeln weiter.
Termine
Fr 08.02. 22:00, CinemaxX 3 (E)
Di 12.02. 22:00, CinemaxX 3 (E)
Mi 13.02. 17:45, Colosseum 1 (E)
Fr 15.02. 16:00, CinemaxX 5 (E)
La Fugue / The Runaway / Die Ausreißerin
Jean-Bernard Marlin, Frankreich 2013, 22 Min, Adel Bencherif, Médina Yalaoui
Eine Jugendstrafanstalt in Marseille. Lakdar, ein junger, engagierter Sozialarbeiter sucht Sabrina, eine der von ihm betreuten Jugendlichen. Sie soll heute für die von ihr begangenen Straftaten vor Gericht verurteilt werden. Erst will sie gar nicht aufbrechen, dann werden sie aufgehalten. Die Zeit läuft. Aber Lakdar ist zuversichtlich. Alles wird gut werden. Sabrina bezweifelt das, sie weiß noch nicht einmal, was gut für sie wäre. Sie braucht Zeit und nimmt sie sich. Lakdar lässt nicht locker. Die Fahrt durch die Vorstädte von Marseille ist eine Fahrt in eine andere Welt.
Termine
So 10.02. 22:00, CinemaxX 3 (E)
Mo 11.02. 16:00, CinemaxX 5 (E)
Mi 13.02. 22:00, CinemaxX 3 (E)
Fr 15.02. 17:45, Colosseum 1 (E)
So 17.02. 17:45, Colosseum 1 (E)
Mi 13.02. 14:00, HAU Hebbel am Ufer (HAU1) (E)
Burn it up Djassa
Lonesome Solo, Côte d'Ivoire / Frankreich 2012, 70 Min, Abdoul Karim Konaté, Adelaïde Ouattara, Mamadou Diomandé, Souleymane Bamba
Auf den Straßen von Wassakara, einem Armenviertel in Abidjan, Elfenbeinküste, schlägt sich Tony als Zigarettenhändler durch und hofft beim Glücksspiel auf eine bessere Zukunft. Seine Schwester Ange, mit der er zusammenlebt, ist mit ihrer Friseurausbildung ebenso wenig glücklich und prostituiert sich hinter Tonys Rücken. Ein gut bezahlter Job bei der Polizei erlaubt es ihrem älteren Bruder Mike, den beiden gelegentlich auszuhelfen, aber Misstrauen, Lügen und das Bedürfnis nach Unabhängigkeit machen einen gemeinsamen Weg der Geschwister unmöglich. Während Mike nach einer geregelten Arbeit für seinen Bruder sucht, wird Tony bei einem eskalierenden Streit um ein gestohlenes Handy zum Gesetzesbrecher. Wenige Monate vor dem erneuten Ausbruch des Bürgerkriegs in der Elfenbeinküste schlossen sich Schauspieler, Autoren, Filmschaffende und Techniker aus Wassakara zusammen, um dem Kino ihre Welt zu öffnen: ein Junge, der im Jugendjargon Nouchi erzählt, Musik, Street Dance und Slam Poetry vermitteln in atmosphärisch dichten Bildern das Lebensgefühl des Viertels.
Termine
Fr 08.02. 17:45, CineStar 3 (E)
Sa 09.02. 20:15, Cubix 8 (E)
Sa 09.02. 20:15, Cubix 7 (E)
Fr 15.02. 21:30, CinemaxX 7 (E)
Sa 16.02. 22:45, CineStar 3 (E)
So 17.02. 20:15, CineStar 3 (E)
A batalha de Tabatô / The Battle of Tabatô
João Viana, Guinea-Bissau / Portugal 2013, 78 Min, Imutar Djebaté, Fatu Djebaté, Mamadu Baio
Der Vater von Fatu kommt zu ihrer Heirat aus Portugal in sein Heimatland Guinea-Bissau zurück. Die junge Frau unterrichtet an der Universität, ihr zukünftiger Mann ist ein bekannter Musiker. Die Hochzeit soll in Tabatô stattfinden, einem Dorf, in dem alle Musik machen. Auf dem Weg dorthin zeigt sich, dass der Vater durch seine Jahrzehnte zurückliegenden Erlebnisse als Soldat im Kolonialkrieg schwer traumatisiert ist. Eine postkoloniale Erzählung in Schwarzweiß und Rot. Der visuell faszinierende Film integriert viele dokumentarische Elemente in seine Geschichte. Da ist der Hinweis auf die historischen Errungenschaften und kulturellen Traditionen der westafrikanischen Mandinka. Da ist die Beschäftigung mit dem Ort Tabatô und real existierenden Musikern des Landes. Und die Bilder von Kino, Friedhof, Hafen und Sumpflandschaft. Der alte Mann trägt in seinem Koffer Reliquien des Krieges mit sich herum. Die jungen Leute haben die häufigen Putsche satt. Beides prägt die Gegenwart des Landes. Wenn der Vater schließlich mit seinen Dämonen kämpft und die Musiker des Dorfes mit ihren Balafonen dagegen anspielen, dann ist das eine Schlacht um Krieg oder Frieden, Vergangenheit oder Zukunft.
Termine
Mi 13.02. 19:30, CinemaxX 4 (E)
Fr 15.02. 21:30, CineStar 8 (E)
Sa 16.02. 12:30, Kino Arsenal 1 (E)