EN · FR · DE
 

PM: Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen begrüßt Umbenennung des Gröbenufers in May-Ayim-Ufer in Berlin-Kreuzberg

Am 27. Mai hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Friedrichshain-Kreuzberg mit großer Mehrheit den Antrag der Grünen zur Umbenennung des Gröbenufers in May-Ayim-Ufer angenommen. Ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen - darunter AfricAvenir - , das durch die Veröffentlichung des Dossiers "Straßennamen mit Bezügen zum Kolonialismus in Berlin" die Umbenennung angeregt hatte, begrüßte dies bereits im Vorfeld mit einer Pressemitteilung.

Gemeinsame Pressemitteilung von: AfricAvenir International, Berliner entwicklungspolitischer Ratschlag (BER), Berlin Postkolonial (BePo), Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), Paulo Freire Insti-tut (PFI), Projekt „Unterm Teppich?“ (PUT), Tanzania-Network.de (TNW) und Werkstatt der Kulturen (WdK)

Pressemitteilung
Mittwoch, 20. Mai 2009
Weitere Straßenumbenennungen nötig Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen begrüßt Umbenennung des Gröbenufers in May-Ayim-Ufer in Berlin-Kreuzberg

Ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Gruppen begrüßt die bevorstehende Umbenennung des Gröbenufers in May-Ayim-Ufer. Am kommenden Mittwoch (27.05.09, ca. 18:00 Uhr, öffentliche Sitzung) wird in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Friedrichshain-Kreuzberg über einen entsprechenden Antrag der Grünen abschließend entschieden. Nachdem es im Kulturausschuss Anfang Mai eine deutliche Mehrheit für den Antrag gab, ist von dessen Annahme auszugehen.

„Das ist ein Durchbruch, es ist das erste Mal, dass in Berlin eine Straße mit kolonialem Bezug umbenannt wird“, kommentiert Armin Massing vom BER und Philippa Ebéné, Leiterin der WdK, ergänzt: „Dies ist erfreulich, kann aber nur ein Anfang sein“. Noch immer sind acht weitere Stra-ßen in Berlin nach Kolonialverbrechern benannt, etwa die Wissmannstraße in Neukölln oder die Petersallee im Wedding. „Und auch Straßennamen, die einen rassistischen Begriff enthalten, wie die sogenannte Mohrenstraße, müssen dringend geändert werden“, so Ulrike Hamann von PUT.

Das Bündnis zivilgesellschaftlicher Gruppen fordert schon lange eine kritische Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus und seinen Spuren im öffentlichen Raum. Der Antrag in der BVV geht auf ein Dossier dieses Bündnisses zurück. Die Umbenennung der Kreuzberger Uferpromenade, hoffen die Initiatoren, könnte zu einem Startpunkt für eine breite Auseinander-setzung mit der Kolonialvergangenheit werden. „Für eine gesamtgesellschaftliche Erinnerungs-arbeit ist dabei insbesondere die schulische Bildung gefordert“, erläutert Rosa Hoppe vom PFI. Bis heute wird Deutschlands Kolonialgeschichte an Schulen kaum thematisiert.

Otto Friedrich von der Gröben (1656–1728), der 1895 mit dem Straßennamen geehrt wurde, gilt als „Pionier“ des deutschen Kolonialismus. Als Führer einer Marine-Expedition des „Großen Kurfürsten“, der sich am lukrativen Handel mit afrikanischen Menschen beteiligen wollte, gründe-te von der Gröben die Festung „Großfriedrichsburg“ im heutigen Ghana. In der Folge wurden aus Westafrika bis zu 30.000 Versklavte unter grausamsten Bedingungen in die Karibik und nach Europa verschifft, wobei etwa jede zehnte Person schon den Transport an den Bestim-mungsort nicht überlebte. „In moralisch-ethischer Hinsicht ließ sich dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit schon damals nur mit rassistischen Argumenten rechtfertigen“, so Christian Kopp von BePo.

Die international bekannte afrodeutsche Dichterin, Pädagogin und Kreuzbergerin May Ayim (1960–1996), die sich gegen den fortbestehenden Rassismus in Deutschland wandte und in der Frauenbewegung aktiv war, machte immer wieder auf die unaufgearbeitete koloniale Vergan-genheit aufmerksam. „Diese Straßenumbenennung fordert daher auch dazu heraus, sich mit der engen Verbindung von Kolonialismus und Rassismus auseinanderzusetzen“, meint Luise Stein-wachs vom TNW.

„Das Gröbenufer nach May Ayim zu benennen, wird das Thema Kolonialismus an dieser Stelle nicht aus dem Stadtbild verschwinden lassen“, betont Joshua Kwesi Aikins von der ISD, „sondern bedeutet eine Perspektivumkehr des Gedenkens“.

Kontakt: Armin Massing (BER): 030-498 55 380, beratung@ber-ev.de"

back to top