Endogene Entwicklungswege

Der Mut, die Zukunft zu erfinden – Auf der Suche nach eigenständigen Wegen der Politik, Organisation und Entwicklung in Afrika
Seit 2011 hat AfricAvenir eine Reihe an Veranstaltungen und anderen Aktivitäten zum Thema "Der Mut, die Zukunft zu erfinden – Auf der Suche nach eigenständigen Wegen der Politik, Organisation und Entwicklung in Afrika" organisiert. Die Fachtagung "Soziale Bewegungen und Afrikanische Renaissance" war der Auftakt zu diesem Thema, das sich eher wie ein Querschnittsthema in vielen unserer Aktivitäten wiederfindet.

Vom Mut, die Zukunft zu erfinden: Öffentliche Kampagne zum 25. Todestag von Thomas Sankara
Am 15. Oktober 1987 wurde der Präsident Burkina Fasos Thomas Sankara in einem Putsch und internationalen Komplott ermordet. Als Politiker war er eine positive Ausnahmegestalt, als Mensch integer und aufrecht. Anlässlich seines 25. Todestags hat AfricAvenir eine Reihe an Veranstaltungen durchgeführt sowie eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zu seinem politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Wirken entwickelt. Thomas Sankara stand wie kaum ein anderer exemplarisch dafür, dass eine Entwicklung Afrikas aus eigener Kraft möglich ist. Am 1. November 2012 erschien der umfangreiche Reden- und Zeitzeugenband Redécouvrir Sankara - Martyr de la liberté (Sankara wiederentdecken - Märtyrer der Freiheit).

"Soziale Bewegungen und Afrikanische Renaissance" - Internationale Fachtagung mit hochkarätigen afrikanischen Referenten am 18.-19.10.2011 in Berlin
Am 18. und 19. Oktober 2011 organisierte AfricAvenir in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin die internationale Fachtagung „Soziale Bewegungen und Afrikanische Renaissance“ mit namhaften Aktivist/innen, Politiker/innen und Intellektuellen wie Asume Osuoka, Direktor von Social Action (Nigeria), Oumar Mariko, Präsidentschaftskandidat und Direktor Radio Kayira (Mali), Winfred Nyirahabineza, KADINGO/Kalangala (Uganda), Timothy Kondo, ANSA Netzwerk (Zimbabwe) und Masaké Kane, League of Revolutionary Pan-Africanists (Senegal), Nathan Irumba, Exekutivdirektor SEATINI (Uganda). Ziel der Fachtagung war, in Deutschland die Diskussion über einige der Kernthemen zu eröffnen, die vielen der ansonsten eher heterogenen Sozialen Bewegungen in Afrika gemein sind, z.B. geopolitische Interessen und Militarisierung des Kontinents, Krise des postkolonialen Staats, Marktliberalisierung und strukturelle Anpassungsmaßnahmen, die Rolle der Jugend in den Sozialen Bewegungen Afrikas, Landgrabbing/Landraub und der Kampf um eine nachhaltige Landwirtschaft zur Herstellung von Ernährungssouveränität.

Dialogforum mit Firoze Manji:Dialogforum mit Firoze Manji: „Afrikanische Aufbrüche: Der Mut, die Zukunft zu erfinden“
Am 27. September 2011, 19.00 Uhr organisierte AfricAvenir ein Dialogforum mit Firoze Manji, Gründer und Herausgeber des panafrikanischen Journals Pambazuka News (www.pambazuka.org). Unter dem Titel „Afrikanische Aufbrüche: Der Mut, die Zukunft zu erfinden“ referierte er über den sozioökonomischen Kontext sozialer Bewegungen in Afrika. Nicht nur in Nordafrika stehen die Menschen auf der Straße und fordern die Verantwortung des Staates gegenüber den Bürgern ein, sondern auf dem gesamten afrikanischen Kontinent tragen Protestbewegungen ihren Willen an die Öffentlichkeit. Ernüchterung und Unzufriedenheit an der gängigen Politik wird kundgetan. Doch welche Ziele sind diesen Bewegungen gemein, und auf welche Entwicklungen reagieren sie?
Mit langjährigen Erfahrung im Kampf um Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit, lenkte Manjii den Blick auf die großen gesellschaftlichen Entwicklungsstrukturen: Der Aufschwung nach den Unabhängigkeiten vor fünfzig Jahren und die Politikwechsel, in deren Folge Staaten öffentliche Fürsorge und damit Regierungshandeln im Sinne und zum Wohle der Bürger zu Gunsten ökonomischer Liberalisierung aufgaben. Die Forderung einer neuen gerechteren sozialen Ordnung sei daher der Hauptbezugspunkt sozialer Protestbewegungen. Der Macht der Ökonomie und des Staates stehe eine zunehmende politische Mobilisierung der Bürger gegenüber.
Der Vortrag erschien in deutscher Sprache in dem Band: Widerstand, Revolutionen, Renaissance, AfricAvenir, 2013.

Dialogforum mit Shikuku James Shikwati: Stoppt die Entwicklungshilfe! Wie die Hilfsbranche funktioniert und wie es endogene Entwicklung in Afrika verhindert
Am 14. Januar 2013 um 19 Uhr organisierte AfricAvenir ein Dialogforum mit dem prominenten kenianischen Ökonom Shikuku James Shikwati zum Thema "Stoppt die Entwicklungshilfe! Wie die Hilfsbranche funktioniert und wie sie endogene Entwicklung in Afrika verhindert" im GLS-Sprachenzentrum.
Ist die sog. Entwicklungszusammenarbeit (EZ), was sie vorgibt zu sein – eine Unterstützung der Entwicklung der Empfängerländer? Oder ist sie vielmehr ein Instrument geostrategischer Interessen der Geber, die durch sie ihre Einflussphären zu sichern und auszubauen suchen? Der prominente kenianische Ökonom James Shikwati ist kategorisch: Die EZ ist so schnell wie möglich abzuschaffen, denn sie bringt die Entwicklungsländer in eine Abhängigkeitssituation und unterdrückt Unternehmergeist und Handelsbeziehungen zwischen Nachbarstaaten. Doch ist der von ihm propagierte radikale Bruch hin zu „freiem Handel“ nicht ein neoliberaler Irrweg? Kann der „freie Markt“ ein wirksames Mittel der Armutsbekämpfung in Afrika sein?

Dialogforum mit Sanou Mbaye: Afrika und Europa: Wer entwickelt eigentlich wen? Ökonomische Wege zu Afrikas Unabhängigkeit auf der Grundlage einer sich selbst tragenden Entwicklung
Am Mittwoch, 7. November 2012 um 19 Uhr lud AfricAvenir im Rahmen des langfristigen Fokus auf "Endogene Entwicklungswege" ins GLS Sprachenzentrum zum Dialogforum mit dem Senegalesischen Ökonom Sanou Mbaye zum Thema "Afrika und Europa: Wer entwickelt eigentlich wen? Ökonomische Wege zu Afrikas Unabhängigkeit auf der Grundlage einer sich selbst tragenden Entwicklung" (Sprache: Englisch!). Das gemeinhin in Europa herrschende Weltbild, so Mbaye, baut auf einem über Jahrhunderte gepflegten Mythos auf: Dem festen Glauben an den eigenen zivilisatorischen Vorsprung gegenüber dem Rest der Welt, auf den allein der heutige Reichtum und Wohlstand in Europa zurückzuführen sei. Durch Entwicklungszusammenarbeit und Direktinvestitionen, so der unhinterfragte Glaube, „helfe“ Europa Afrika bei seiner Entwicklung. Aber entspricht diese Vorstellung auch der Realität? Hat sich wirklich so viel verändert zwischen den Jahrhunderten, in denen Europa mittels Sklaverei und Kolonialismus das ökonomische Fundament seiner heutigen wirtschaftlichen Machstellung legte?
Um zu klären, wer eigentlich wen „entwickelt“ analysierte Mbaye die realen Kapitalflüsse zwischen Afrika und Europa und ging im speziellen der Frage nach, wem das monetäre System des Franc CFA im frankophonen Afrika eigentlich nützt. Nach dieser Kritik stellte Mbaye mögliche monetäre und ökonomische Gegenentwürfe aus afrikanischer Perspektive zur Herstellung einer eigenständigen Entwicklung vor. Welche Perspektiven könnten sich durch die Gründung einer afrikanischen Zentralbank und eines afrikanischen Währungsfonds ergeben? Welche wirtschaftlichen Potentiale liegen in der Gründung einer afrikanischen Diasporabank zur Kanalisierung der privaten Kapitaltransfers zwischen Diaspora und Kontinent? Mbaye zog seine Schlüsse auch aus der Analyse mehrerer Jahrzehnte gescheiterter Strukturanpassungsmaßnahmen durch Weltbank und IWF. In Zeiten der Eurokrise sollten diese Erfahrungen gerade in Europa sehr ernst genommen werden.