PRESSEMITTEILUNG: Bundesregierung verweigert Entschuldigung für Völkermord

Gemeinsame Pressemitteilung: AfricAvenir International – Afrika-Rat Berlin-Brandenburg – Arbeitskreis Panafrikanismus München (AKPM) – Artefakte//anti-humboldt – Berlin Postkolonial – Deutsch-Afrikanische Gesellschaft Berlin (DAFRIG) – Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD-Bund)

PRESSEMITTEILUNG
Bundesregierung verweigert Entschuldigung für Völkermord
NRO-Bündnis wirft Regierungskoalition diskriminierende Erinnerungspolitik vor 
   
nBerlin, 23.03.2012. Der Bundestag hat am 22. März 2012 über einen Antrag der Linken und über einen zweiten Entwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Anerkennung der Vernichtungsfeldzüge gegen die Herero und Nama in der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ (1904-08), dem heutigen Namibia, als Genozid debattiert. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik hat sich dabei die komplette Opposition für eine förmliche Entschuldigung des Bundestags gegenüber den Nachfahren der mehr als 100.000 Opfer ausgesprochen. Trotzdem wurden beide Anträge nach nur halbstündiger Debatte mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt.n„Angesichts der einhelligen Feststellung von Fachwelt und Öffentlichkeit, dass die kaiserlichen „Schutztruppen“ an den Herero und Nama einen Völkermord begangen haben, kommt es einer Leugnung des Genozids gleich, wenn die Regierungskoalition nun erneut dessen Anerkennung verweigert“, sagt Christian Kopp von Berlin Postkolonial. „Im Namen von mehr als 100 Nichtregierungsorganisationen aus allen Teilen Deutschlands, die innerhalb weniger Tage den Bündnisaufruf „Völkermord verjährt nicht!“ unterzeichnet haben, verurteilen wir ein derart unwürdiges Fliehen vor Deutschlands historischer Verantwortung auf das Schärfste! Gleichzeitig begrüßen wir, dass nun neben der Linken auch SPD und Bündnis 90/Die Grünen wirkliche Meilensteine auf dem Weg zur Versöhnung mit den Nachfahren der Opfer gesetzt haben. Mit ihren Reden, die der außergewöhnlichen Schwere und Bedeutung des Themas angemessen waren, haben sie bewiesen, dass sich auch in Deutschland eine neue, kritische Sicht auf unsere koloniale Vergangenheit durchzusetzen beginnt. Wir sehen das nicht zuletzt als Erfolg des ausdauernden Engagements der Organisationen des Bündnisses“.nSharon Otoo von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD-Bund) macht deutlich: „Der frühere namibische Außenminister Theo-Ben Gurirab stellte auf der Weltkonferenz in Durban 2004 sinngemäß die Frage, ob sich Deutschland für seine Verbrechen bei Israel, Russland oder Polen entschuldigt hat, weil es um Weiße ging. Auch andere Völkermorde wurden rückwirkend als solche anerkannt, obwohl diese Kategorie als Straftatbestand erst 1948 ins Völkerrecht übernommen wurde. Verweigert die deutsche Regierung die rückwirkende Benennung des Vernichtungskriegs in „Deutsch-Südwestafrika“ als Genozid, weil hier Schwarze Menschen ermordet, enteignet und vergewaltigt wurden?“nDer in Berlin lebende Herero Israel Kaunatjike meint: „Die erneute Weigerung der deutschen Regierung, den Genozid an meinen Vorfahren und an den Nama einzugestehen und sich endlich für diesen zu entschuldigen, ist ein demütigender Schlag ins Gesicht, den wir nicht hinnehmen werden. Auch die namibische Regierung wird dies nicht ignorieren können: Für die namibisch-deutschen Beziehungen auf staatlicher Ebene ist dieser Tag eine Katastrophe. Andererseits können die Menschen in Namibia nun ganz deutlich sehen, wer in Deutschland aufrichtiges Interesse an einer kritischen Aufarbeitung des Genozids und an einer Versöhnung mit ihnen hat.“

SPD und Bündnis 90/ Die Grünen fordern einen speziellen „Hilfsfonds“ zur Unterstützung der Menschen in den besonders betroffenen Regionen und eine seit Jahren geplante „Versöhnungsinitiative“ im Rahmen einer intensiveren Entwicklungszusammenarbeit. Die LINKE vertritt eine ähnliche Position wie die der Vertreter der Opferverbände und des deutschen NRO-Bündnisses und meint, Wiedergutmachung müsse bedingungslos erfolgen und deshalb von Entwicklungszusammenarbeit klar getrennt werden. Sie fordern Bundestag und Bundesregierung zum Dialog mit der namibischen Nationalversammlung und Regierung und den Nachfahren der Opfer auf. 

Kontakt:    
Telefon 01799 100 976 
Sharon Otoo: sharonotoo (at) isd-online.deChristian Kopp: buero (at) berlin-postkolonial.de Weitere Informationen sowie der bundesweit von über 100 Organisationen unterstützte Aufruf unter: www.restitution-nambia.deFacebook: http://www.facebook.com/GenocideCannotBeSubjectToPrescription Twitter: http://twitter.com/#!/restitution4namn|+| Download Pressemitteilung als PDF

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